Eine neue Anlage erhöht Biogas-Ausbeute – Umwandlung in Strom und Wärme – Einsparungen sollen Gebühren stabil halten
Mit den alltäglichen Hinterlassenschaften der Mannheimer lässt es sich das städtische Klärwerk im Norden der Stadt gut gehen: Das aus dem Klärschlamm gewonnene Biogas wird werksintern zum Gewinn von Strom und Wärme verwendet. Eine vom Dresdner Fraunhofer-Institut entwickelte Anlage soll die Gasausbeute erhöhen und das Klärschlamm-Volumen reduzieren. zum Vergrößern auf das Bild klicken Nach einem drei Viertel Jahr sind die Betreiber in Mannheim zufrieden: Dank Ultraschall wird bares Geld gespart. Der Herr der Schieber und Kanäle ist Stefan Minich, Diplom-Ingenieur und Leiter des Klärwerks in Sandhofen. Die Rechnung, die er aufmacht, scheint plausibel: Jede Tonne Klärschlamm, die auf der Friesenheimer Insel deponiert wird, schlägt mit 150 Euro zu Buche. Pro Jahr fallen 10.000 Tonnen Klärschlamm an. Also lohnt es sich, den Schlamm abspecken zu lassen.
Bislang wurde er lediglich getrocknet: weniger Wasser bedeutete weniger Müllgebühren. Durch das Ultraschall-Verfahren gelingt es jetzt, dem Schlamm mehr energieträchtiges Faulgas zu entlocken. Die Gasausbeute steigt, das Schlammvolumen sinkt. Das Gas wird noch auf dem Gelände in Strom und Wärme umgewandelt und hilft dadurch, die Energiekosten im Rahmen zu halten. Rund eine halbe Million Euro haben die Mannheimer für die Anlage, die dem Schlamm mit Ultraschall zu Leibe rückt, berappt. Eine Summe, die nach einem Jahr wieder hereingeholt sein wird, meint Minich.
Vielleicht rechnet sich die Anlage sogar früher: Denn derzeit erfüllt sie ihre Aufgabe überplanmäßig. Statt dem zugesicherten 20-Prozent-Plus beim Biogas holt das Gerät 30 Prozent mehr heraus. Auch das angepeilte Reduzieren des Klärschlamm-Abfalls um 15 Prozent ist nach den Worten von Klärwerk-Chef Minich erreicht.
Jeder Euro, der in der Kläranlage eingespart wird, kommt den Mannheimern zugute. Die Stadtentwässerung ist ein Eigenbetrieb und vom städtischen Haushalt abgetrennt. Sie finanziert sich über die Abwasser-Gebühren. Sinken die Betriebskosten für die Kläranlage, spüren das langfristig auch die Bürger, wenn die Abwassergebühren erträglich bleiben.
Der Schlamm, dem der Ultraschall zu Leibe rückt, stammt aus den Belebungsbecken. Dorthin gelangt das Abwasser, nachdem mit Hilfe von Rechen, Sand- und Fettfang grobe Bestandteile ausgesondert wurden. Die noch enthaltenen gelösten Stoffe werden im Belebungsbecken biologisch abgebaut. Diese Aufgabe übernehmen bereits im Abwasser enthaltene Bakterien, deren Wachstum im Klärwerk mit Luftzufuhr und den idealen Lebensbedingungen gefördert wird. Ein Teil dieses Bakterienschlamms muss jedoch stets entfernt werden, damit die Mischung zwischen Abwasser, Bakterien und Schlamm stimmt. Dieser sogenannte Überschuss-Schlamm wandert zu einem Drittel in die neue Ultraschallanlage.
Die Anlage selbst ist relativ klein. Sie besteht aus drei Edelstahl-Kisten, einigen Pumpen und Elektroschaltschränken. Hinter den Edelstahl-Abdeckungen stecken die Ultraschall-Tongeber. Sie versetzen den Überschuss-Schlamm in schnelle Schwingungen und spalten die enthaltenen Bakterien auf. Das Prinzip ist vergleichbar mit Reinigungsgeräten für Brillen, die ebenfalls mit Ultraschall arbeiten.
1000 Liter Abwasser leiten die 320.000 Mannheimer pro Sekunde neu in das Kanalsystem ein. Bei starkem Regen kann diese Menge bis auf das Vierfache ansteigen. Alles Schmutzwasser wird – wenn es ordnungsgemäß eingeleitet wurde – in der riesigen und einzigen Kläranlage Mannheims angespült. Dort, durch die A 6 vom Stadtteil Sandhofen getrennt, kümmern sich 80 Mitarbeiter um den Abwasserstrom.
Je nach Auslastung dauert es zwischen acht und 20 Stunden, bis das Abwasser die Anlage geklärt und aufbereitet verlässt. Das neue Klärwerk wurde 1973 fertig gestellt und löste die alte Anlage auf der Friesenheimer Insel aus der Zeit der Jahrhundertwende ab. Mitte der 80er Jahre und Ende der 90er Jahre kamen neue biologische Reinigungsstufen dazu. Sie waren aufgrund strengerer Umweltgesetze nötig geworden. Die neue Ultraschall-Anlage dient nicht dem Einhalten von ökologischen Auflagen; sie reduziert die laufenden Kosten des Klärwerks.
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